In manchen barocken Kirchen steht auf einer Seite des Tabernakels, den man drehen kann, in einer Nische ein kunstvoll gearbeitetes Kreuz.

Reliquienkreuz – Bild: Roland Bise

Dieses Kreuz spielt in der Zeit vom Georgstag (23. April) bis Kreuzerhöhung (14. September) eine wichtige Rolle. In dieser Zeit wird auf den Feldern mühsam gearbeitet. Natürlich ist diese Arbeit unter freiem Himmel auch sehr vom Wetter abhängig. Darum wird in dieser Zeit, zur Entlassung am Ende der Hl. Messe, täglich in feierlicher Weise der Wettersegen gespendet.

Der Priester erhebt das Kreuz und ruft: 

Vor Blitz, Hagel und Ungewitter bewahre euch der allmächtige Gott. Er segne die Felder, die Gärten und den Wald. Er schenke euch die Früchte der Erde und bewahre euch vor Hunger, Sünde und Not. Das gewähre Euch der allmächtige Gott; + der Vater, und der Sohn und der Heilige Geist”. 

Wettersegen

Die Gemeinde antwortet mit einem kraftvollen “Amen.”

Dieser sogenannte Wettersegen ist ein sehr wertvoller Ritus – gerade in unserer weithin technisierten und von Computern beherrschten Zeit. Er ist ein Zeichen für die Verbundenheit aller menschlichen Lebensvollzüge; sowohl innerweltlich, als auch über die sichtbare Welt hinaus.

Darum wird dieser besondere Segen auch bei der feierlichen Sonntagsmesse gespendet.

Damit ist aber die Bedeutung des Kreuzzeichens in der Tabernakelnische noch nicht erschöpft.

In diesem Kreuz versteckt sich nämlich ein Geheimnis. Es enthält einen Holzsplitter, der vom Kreuz Christi genommen ist, so will es die Überlieferung.

Vor langer Zeit habe Kaiserin Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin, von ihrem Aufenthalt im Heiligen Land vom Kreuz Christi viele kleine Holzsplitter abgelöst und mit nach Europa gebracht. iDiese Reliquien haben sich sehr rasch weit verbreitet und wurden in die kunstvollen Kreuze über den Tabernakeln eingearbeitet. Daher auch der Name Reliquienkreuz.

Viele, die davor beteten, wurden erhört. Diese Überlieferungen nach unserem heutigen Empfinden zu prüfen und zu beurteilen wäre töricht. Wahr ist aber ganz gewiss: Die Gläubigen, die auch in unseren Tagen vor dem Reliquienkreuz den Wettersegen beten, werden, so wie Gott es will, erhört.

Dieser Beitrag von Pfarrer Roland Bise ist auch im aktuellen Pfarrbrief „Spiritus 02/2022“ erschienen.